Kein Kavaliersdelikt. Eine feministische Kritik der ‚Definitionsmacht‘.

Freitag
21
März

Ab 19 uhr

Das Konzept der Definitionsmacht wurde entwickelt um eine zusätzliche Belastung nach sexuellen Gewalterfahrungen durch die bürgerliche Rechtssprechung zu verhindern. Es galt als Reaktion darauf, dass in Gerichtsverhandlungen Übergriffe als Kavaliersdelikte heruntergespielt wurden, Verteidiger versuchten eine Mitschuld nachzuweisen oder Anklagen wegen Verjährungsfristen und mangelnder Beweislage fallen gelassen wurden. Entgegengesetzt wurde ein Ansatz, der stolz von sich behauptet, das subjektive Empfinden des Opfers zum Ausgangspunkt zu machen und die Unschuldsvermutung gegenüber Tätern außer Kraft zu setzen. Mittlerweile wird Definitionsmacht häufig als einzige Alternative dargestellt, mit Sexismus, Übergriffen und Gewalt in der Linken umzugehen. Beim näheren Hinsehen aber entpuppt sich dieses Konzept als anti-emanzipatorisch: Es trägt zur Relativierung von Vergewaltigungen bei und eignet sich weder zum Umgang mit sexueller Gewalt noch zu einer Kritik des Geschlechterverhältnisses, sondern es zementiert patriarchale Klischees, verewigt die Geschlechterordnung, ermöglicht eine einfache Einübung in autoritäres Denken und lässt diejenigen, die sexuelle Gewalt erlitten haben, im Stich. Thema der Veranstaltung wird auch sein, welche Entwicklung das nun schon ältere Dogma der Definitionsmacht genommen hat. Es ist eine sich verstärkende Tendenz zur Selbstabdichtung zu beobachten – ging es vor einigen Jahren auch und vorrangig darum, gegen Täter und sog. Täterschützer vorzugehen, wird zunehmend versichert, es ginge gerade nicht darum, diese zu kompromittieren. Weniger denn je geht es um einen Schutz der Opfer, als um den Schutz von Awarenessgroups, Unterstützerkreisen und Täterumgangsgruppen, selbst vor den verstörenden Erfahrungen, den die ausgemachten Täter und Opfer verkörpern. Jeder politische Anspruch, diejenigen zu unterstützen, die von sexueller Gewalt betroffen sind, geht dabei flöten. In der Erklärung, man sei solidarisch mit dem Konzept, wird die eigene Identität genossen.

Les Madeleines (http://lesmadeleines.wordpress.com/) sind ein überregionaler Arbeitskreis, der sich seit vielen Jahren schwerpunktmäßig mit der Kritik des bürgerlichen Geschlechterverhältnisses befasst. Zuletzt erschienen ihre »Thesen zu Materialismus und Tod« im Extrablatt Nr. 8 (2012) ) und »‘Solidarität mit dem Konzept!‘ Warum die Beschäftigung mit der Definitionsmacht sinnlos geworden ist« in ZAG Nr. 64

Eine Veranstaltung von der Antifaschistischen Gruppe Braunschweig & von Die Falken KV Braunschweig

21. März 2014