Einlass: 20:00 Uhr
Beginn: 21:00 Uhr
Eintritt 7 Euro
Kala Brisella: Facebook | Bandcamp
Lieber Herr Meier: Facebook
KALA BRISELLA verstehen sich nicht als reine Post-Punk-Band. Fans von intelligentem deutschsprachigen Indie-Rock wie bspw. von Ja, Panik kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Von den auch im Theaterkontext aktiven Bandmitgliedern können wir eine druckvolle Bühnen-Performance erwarten. LIEBER HERR MEIER: Ihr Indie-Rock/-Pop erinnert teilweise an die rockigeren Stücke Tocotronic und laden definitiv zum Tanzen ein.
Kala Brisella
„Jedes Versteck hat jemand, der es findet.“ Zum Glück – denn die Berliner Gitarrengruppe Kala Brisella und das Hamburger Label Tapete Records haben sich auch gefunden. Und aus diesem Rendezvous gehen zehn Songs zwischen kauzigem “Goldenen Zitronen”-Rock und Mutter-ähnlichen, elegischen Hymnen der Traurigkeit hervor – das und mehr gibt es zu durchleben auf ihrem neuen Album “Ghost”.
Mit dem Zweitlingswerk zeigt sich das Trio aus der Hauptstadt elegant offen und beweglich für neuen Input. Lagen die drei Berliner mit dem 2017 veröffentlichten „Endlich Krank“ noch deutlich näher an einem raueren, post-punkigen Schrammelrock, ist mit „Ghost“ eine buntere Platte entstanden, die sich in Bezug auf Arrangements und Songgestaltung schön weit auffächert.
Kala Brisella entzücken auf „Ghost“ durch die Bandbreite der Stimmungen. Sind es hier Gefühle, die einen streicheln, fährt es einem beim nächsten Titel durch Mark und Bein. Dazu clevere, lyrische Texte, die auch mal den Geist von Ja, Panik atmen und nicht nur monothematisch um die gewohnt hippe Post-Teenage-Angst zirkulieren. Es geht um mehr!
Der Langspieler besticht vor allem durch seine Vielgestalt, die musikalische Dynamik und der kompositorischen Gesamtheit. Gerahmt wird das Werk durch eine kluge dramaturgische Ordnung, die den Hörer durch die gute halbe Stunde führt – ein Exkurs über das Verschwinden, das Sichauflösen. Das Gefühl, nichts halten zu können, nichts mehr greifbar zu haben. Das große Scheitern beim Versuch, die Absurditäten in der Welt um uns herum ins Innere zu integrieren.
Damit unterscheidet sich die Platte von vielen der üblichen Post-Punk-Noiserock-Platten. Kala Brisella haben bereits mit ihrem zweiten Album schon den nächsten musikalischen Schritt gemacht. Rollt “King of the Moon” noch Strokes-mäßig über den Hörer und erklärt uns “Es geht hier um Liebe – es geht um Distanz”, wird es bei “In Spiralen” dreamy mit feinen Gitarrenmelodien. Auf der Spoken-Word-Nummer “Gezackte Linie” wird es so ruhig, dass im Hintergrund die Polizei-Helikopter am 1. Mai über Neukölln zu hören sind. Das wird dann von den treibenden Drums bei “I’m Sorry” abgelöst und weggefegt. Hallige, scharfe Gitarren, dazu ein Gesang wie Schorsch Kamerun auf 180!
„Ghost“ wurde in Berlin-Lichtenberg im „Salon Berlin“ aufgenommen und von Kala Brisella live eingespielt. Der Druck und die Energie, welche die Band bei Konzerten auszeichnet und die ihnen eine Einladung von Thurston Moore persönlich brachte, der sie als Supportband für seine Deutschlandkonzerte anfragte, wurde dort perfekt auf Schallplatte konserviert. Als Produzent war, wie beim Vorgänger „Endlich Krank“, tadklimp mit von der Partie. Dessen Fähigkeiten sind nach Arbeiten mit The Notwist, Fenster und Oum Shatt bekannt. „Ghost“ hat einen sehr transparenten, abwechslungsreichen Sound, mit viel Liebe zum Detail und kleinen Ecken zum Dranstoßen. „Ghost“ kommt manchmal aufgeregt und zornig (“Alles Außen”), manchmal ganz ruhig und zart daher (“Gelandet”).
Viel Variation, aber niemals wahllos. Den drei hauptberuflichen Theatermachern ist es mit ihrer zweiten Platte gelungen, ein Album wie ein gutes Bühnenstück zu machen. Ohne dass dies je aufgesetzt oder angestrengt ankommt.
Lieber Herr Meier
Diese Band steht irgendwo zwischen Fragen und Antworten. Die Texte berichten Alltägliches, kleine, scheinbar unbedeutende Momente, die sich dann aber doch zu einem großen Ganzen zusammensetzen. Und doch bleiben diese Beobachtungen im Ungefähren, greifen auf, verwerfen wieder. In der Musik spiegelt sich dieses Moment: Vertrautes wird aufgegriffen, aber neu besetzt – ob nun Indie-Pop, Indie-Rock oder doch poppige Attitüde.
So beweist die Band sowohl in Worten als auch in der Musik ihre Fähigkeit zur differenzierten Reflexion kleiner wie großer Zusammenhänge. Und sie erlaubt, mitzudenken, reinzudenken, zu vergleichen, die eigenen Erfahrungen hervorzuholen und dabei hüpfend, schreiend, kopfnickend oder schweigend mitzufühlen. Diese Musik ist offen und öffnet, überrascht, holt ab.
Präsentiert von H3u60